Andreas Prediger †
ein Wolga-deutscher Künstler
"Ich träumte immer in Bildern"
Geboren 1926, gehörte er zur älteren Generation der
Russlanddeutschen.
Andreas musste selbst den schweren Leidensweg gehen, auf den
die bolschewistische Verfolgung die Deutschen in der Sowjet-
und Elend für Hunderttausende seiner Landsleute, dazu Trennung der
Als Andreas sechs Jahre alt war, vertrieb der Hunger seine Eltern, die
sechs Geschwister und ihn aus seinem Geburtsort Marienfeld in der
damaligen Wolgadeutschen Republik (in dieser Region hatten schon
von 1764 an Deutsche gesiedelt, die die Zarin Katharina II. eingeladen
hatte).
Sie kamen zunächst nach Minsk/Weißrussland, wo der Vater jedoch
weder Arbeit noch eine Wohnung finden konnte, und so zog die Familie
weiter nach Maikop im Nordkaukasus. Hier herrschte ebenfalls große
Hungersnot, und seine Eltern und die Kinder litten schwer unter den
Entbehrungen, an denen zwei Schwestern und ein Bruder zugrunde
gingen. Dann nahmen sie Verwandte in Sestafoni/Georgien auf, wo
der Vater starb. Andreas besuchte dort für ein Jahr eine deutsche
Schule und danach eine russische.
Nachdem seine Mutter 1936 erneut geheiratet hatte, zog die Familie
nach Tbilisi, wo Andreas die 6. Klasse der Mittelschule beendete.
1941 verlegte man sie zunächst an die Wolga, deportierte sie jedoch
bald danach - gemäß dem berüchtigten Erlass des Obersten Sowjet
vom 28.08.1941 - nach Ost-Kasachstan, wo in einem Bergwerk
Zwangsarbeit zur Förderung von Wolfram zu leisten war. Hier starb
sein Bruder Josef an Tuberkulose.
Andreas musste ab seinem 14. Lebensjahr wie ein Erwachsener
arbeiten und konnte dennoch 1942 die 7. Klasse abschließen.
Ende 1942 in die Trudarmee nach Westsibirien "mobilisiert" und von
seiner Familie getrennt, lebte er bis 1946 unter schlimmsten
Verhältnissen in einem Arbeitslager und war bis 1954 als Hauer
zwangsweise unter härtesten Bedingungen und großen Gefahren unter
Tage in einer Kohlengrube in Prokopjewsk eingesetzt; trotz all dieser
extremen Belastungen schaffte er in einer Abendschule 1949 den
Schulabschluss der 10. Klasse.
1946 heiratete er Pauline Gräfenstein; sie gebar ihm sieben Kinder.
Von 1954 bis 1989 verdiente er seinen Lebensunterhalt als Lehrer
und Kunsterzieher an einer Mittelschule, danach als Dekorateur.
Sein seit der Kindheit verfolgtes Ziel, Maler zu werden, erreichte er
erst richtig mit 35 Jahren, als er endlich einen Fernkurs
am Pädagogischen Institut von Krasnojarsk (Sibirien) für „Malen und
Zeichnen“ belegen durfte, den er 1966 erfolgreich abschloss.
Mehrere Anträge an den Obersten Sowjet der UdSSR waren zuvor
wegen seiner deutschen Volkszugehörigkeit abgewiesen worden.
In seiner Freizeit malte er; ab 1967 stellte er seine Bilder wiederholt in
Prokopjewsk, nach 1985 auch in anderen Städten der ehemaligen
UdSSR aus. 1992 geschah dies zum ersten Mal auch in
Deutschland (Düsseldorf, Berlin, München), nachdem eine große
Ausstellung russlanddeutscher Künstler in Moskau 1991 ihm auch
übernationale Beachtung eingebracht hatte.
1993 übersiedelte er mit Teilen seiner Familie nach Bayern und lebte
seitdem in Bad Reichenhall. Hier malte er weiter und
präsentierte und erläuterte seine Werke in mehr als 70 Ausstellungen an
verschiedenen Orten sowie in vielen Publikationen; auch in den USA
und in Südamerika konnte er diese punktuell bekanntmachen.
Die bitteren Erlebnisse seiner ersten 28 Lebensjahre lasteten
schwer auf der Seele von Andreas. Sie waren ein starker Antrieb
für sein Schaffen und sind der Schlüssel für das Verständnis
eines Teils seiner Werke.
Damit sind vor allem jene Bilder gemeint, die die Besonderheit seiner
Kunst ausmachen. „Ich male die Geschichte meines Volkes"
sagte er, nach dem Grundanliegen dieser Darstellungen gefragt.
Diese Bilder rühren an, denn sie vermitteln eine tiefe Verletztheit der
All dies ist kompositorisch oft plakativ und als Collage ins Bild gesetzt.
Der Betrachter sieht sich dann sinnbildlichen Andeutungen und direkten
befassen. Das genau lag in der Absicht des Künstlers: er wollte
konfrontieren und so gegen das Vergessen wirken. Seinen Landsleuten
wollte er Mut zur Identität mit der eigenen Geschichte machen.
Insgesamt ging es ihm darum, Hemmschwellen und Vorurteile ihnen
Andreas Prediger malte außer zur Geschichte seines Volkes viele andere
Bilder mit gleicher Leidenschaft und Sorgfalt. Seine religiösen
Auch über seine Malerei hinaus setzte sich Andreas Prediger für die
Rehabilitierung und Belange der Wolgadeutschen ein. In
Deutschland war er Mitglied im „Arbeitskreis Bildende Kunst“ der
Russlanddeutschen Landsmannschaft, in der "Laufener Palette" sowie
der „Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege“.
Sein Schaffen wurde offiziell gewürdigt, auch wiederholt in den
Medien. Höhepunkte waren die Verleihung der
Württemberg“ für sein Lebenswerk (Dezember 2000) sowie die
neuen Heimatstadt Bad Reichenhall (Januar 2001 bzw. 2006).
Am 24. Juli 2017 verstarb Andreas Prediger in Bad Reichenhall. Sein Grab befindet sich dort auf dem Friedhof
St. Zeno.